Braun – Von Mönchen und Süßigkeiten
- TinTro
- 1. Aug.
- 5 Min. Lesezeit
„She had the world in the palm of her hand
But she lost both her arms in a wrestling match
To win a brown eyed handsome man
She fought and won herself a brown eyed handsome man“
Das ist der letzte Teil zur Themenreihe „Farben“, die sich mit deren Symbolik, Funktion und Anwendung in meiner Arbeit auseinandersetzt. Für mich persönlich gibt es nämlich zehn Hauptfarben.
Zum Schluss habe ich mir ein richtiges Kuriosum aufgehoben – Braun. Bevor Ihr stöhnt, dass es lahm und unsympathisch sei... Vielleicht habt Ihr es bisher aufgrund seiner Unscheinbarkeit bloß unterschätzt.
Mir ist auch erst beim Schreiben dieses Beitrags bewusst geworden, welch treuer Begleiter Braun mir ist. Ob es ein Lied ganz allein trägt oder mit anderen Farben zusammen, es kommt in fast allen meinen Bildern vor (bis auf „Life thru a lens“). Es will weder Aufmerksamkeit noch von anderen Farben ablenken und bleibt gerne im Hintergrund. Diese Anpassungsfähigkeit macht es zum perfekten Basiston und Kontrastpartner. Zwar dominiert es nie die Leinwand, tritt dafür aber in all seinen Nuancen auf.

Mahagoni in "Asking 4 it"

Walnuss und Cappuccino in „Fortress“

Creme in „Say you will“

Beige in „Moth into the flame“

Karamell in "Serve the servants"

Taupe in „The Red Hot Chili Peppers“ - Titel

Rehbraun auf „Kill ém all“


(Quelle: Ingrid´s notes; Tabelle entwickelt von Illustratorin Ingrid Sundberg)
Jedoch wie viele Farben gibt es eigentlich? Streng nach der Farblehre nur sechs? Oder kann jede einzelne Facette als eigenständige Farbe betrachtet werden?
Ist Braun überhaupt eine Farbe? Daran scheiden sich schon die Geister, da es außerhalb des Lichtspektrums liegt. Durch Mischen kann man sich ihm auf zwei Wegen nähern. Entweder nimmt man Rot und Grün, dann hat man eine Primär- und eine Komplementärfarbe. Das würde es zu einer Tertiärfarbe machen. Oder man dunkelt einfach Orange ab, was es aber zu einer Version von diesem macht. Wird Braun selbst mit anderen Farben vermischt, verliert es nur sehr langsam seinen Charakter. Diese Passivität und Trägheit faszinierten Rembrandt. Ab ca. 1650 experimentierte er mit Farbverläufen ins Goldene hinein.
Wie dem auch sei. Braun ist es egal, wofür Ihr es haltet. Vordergründig hat es sich durch Ablehnung verunsichern lassen und mit niedrigem Selbstwert ein mittelmäßiges Dasein gefristet. Während es in Wahrheit mit realistischem Blick und unendlicher Geduld seine Metamorphose vorbereitet hat.
Apropos Blick! Braun ist mit 90% die häufigste Augenfarbe der Welt. Das obige Zitat stammt aus dem sehr witzigen Buddy Holly-Song „Brown-eyed handsome man“. Denkt ihr da nicht auch direkt an Johnny Depp?
Bei Braun fällt uns selbstverständlich zuerst seine Verbindung zur Natur ein. Es ist in der Erde, den Bäumen, im Sand und im Tarnfell vieler Tiere wie Bären, Hirsche, Biber und Marder. Am stärksten spüren wir diesen organischen Aspekt im Herbst, wenn er uns die Vergänglichkeit im Welken der Pflanzen vor Augen führt. Die Natur ist es auch, die eine Menge Pigmente zur Herstellung von Malfarbe liefert: Nussschalen, Ocker, Braune Erde, Eisenoxid. Sepia wird aus dem Tintenbeutel der Serpen gewonnen, die darin bei Gefahr ein Sekret absondern.
Bei vielen Urvölkern, die Muttergöttinnen als Symbol für die Fruchtbarkeit der Erde verehren ist Braun eine heilige Farbe (Navajo) oder die Landesfarbe (Aborigines). In Nicaragua steht es für Missbilligung und in Äthiopien für Trauer. Im indischen Kastensystem steht es für die Dalits, die Nachfahren der Ureinwohner, die als „unrein“ aus der Gesellschaft ausgeschlossen sind.
In Deutschland assoziiert man es in erster Linie mit dem NS-Regime und dessen braunen Hemden und Uniformen. Mit der Farbwahl beriefen sich die Nazis zum einen auf die Berzerker (Bärentöter), zum anderen sollten die Biederkeit und das Traditionsbewusstsein die „normalen“ Leute ansprechen. Ihre münchener Parteizentrale (1930 – 1945) hieß „Das braune Haus“. Bis heute steht Braun auf politischer Ebene für die antisemitische, rassistische Rechte.

Europaweit verbreiteter Schornsteinfeger: der Edelfalter Waldvogel So wie Grau steht es für Armut. Bettler, Bauern und Arbeiter trugen schmutzige, schäbige Kleidung.
Abwertend wurde Braun als Farbe der Faulen und Ungebildeten angesehen.
Franz von Assisi propagierte mit seiner Kutte die Abkehr vom Protz der Kirche und ein Leben in Verzicht und Einfachheit.
Deswegen trug Braun lange das unattraktive Image von altertümlicher, karger Hässlichkeit. Weitere negative Assoziationen sind Rückständigkeit, Zwang, Engstirnigkeit.
Und schien es in der Schwermut verhaftet, unfähig sich zu entwickeln, machte es ab Mitte des 20. Jahrhunderts ein langsames Make Over durch. Es stellte klar, dass es nicht mehr unedel, sondern schlicht ist. Nicht mehr altmodisch, sondern beständig. Nicht mehr spießig, sondern gediegen. Nicht mehr starr, sondern standfest.
Gebräunte Haut zum Beispiel ist heute kein Zeichen mehr für harte, derbe Feldarbeit, sondern für Wohlstand, für Strandurlaub an exotischen Orten.

Mittlerweile ist Braun der Genuss von knusprig gebackenem Brot und kross Gebratenem, Cola und Schokolade. Wir nutzen bitter-herben Geschmack von Kaffee, Tabak, Bier und Whisky zum Wachwerden oder Entspannen. In Maßen konsumiert, zeigt uns Braun die kleinen Freuden des Alltags, den Fokus auf das Wesentliche, das Beeinflussbare. Braun erklärt, dass Gewohnheiten dabei helfen unsere Bodenständigkeit nicht zu verlieren.
Als Modefarbe hat Braun schon Erfahrung im Rokoko gemacht. Damals wurden Farben billiger und plötzlich schien Braun nicht mehr so reizlos und stumpf. Heute ist die Kombination mit Blau (Himmel) und Grün (Pflanzen) angesagt.
Wieder zusammen mit Grau feierte es in Architektur und Inneneinrichtung seinen größten Triumph. Braun war immer schon häuslich und Naturmaterialien (Holz, Ton) sind im rustikalen Landhausstil besonders beliebt, da sie praktisch, robust und zweckmäßig sind.
Ein brauner Raum strahlt zwar Ruhe und Wärme aus, ein zu dunkler Ton lässt ihn aber eng und bedrückend wirken. Da es Braun an Humor, Fantasie und Erotik mangelt, kann es sich schlecht auf das geistige Wohlbefinden auswirken und uns ermüden. In hellen Tönen erkennen wir mütterliche Fürsorge, die wir als beschützend und gemütlich empfinden. Dann kann es uns die Geborgenheit geben, in der wir Wurzeln schlagen wollen. Sogar Büros und Arbeitszimmer macht es wohnlich und bekommt somit endlich die Bedeutung für Fleiß zugeschrieben, die ihm auch früher schon zugestanden hätte.
Die Werbung hingegen hat es noch nicht für sich entdeckt. Vielleicht, weil es so anspruchslos und unflexibel ist. Abgesehen von der Luxusmarke Louis Vuitton, setzen eher Schokoladenhersteller (M&M´s, Magnum, Herschey) und umweltfreundliche Unternehmen auf Braun.

Highlight auf dem Fischmarkt: KIKA-Maskottchen Bernd das Brot
Die emotionale Schwankung zwischen Behaglichkeit und Beklemmung macht es gleichzeitig auch zur Farbe der Stabilität sowie Wehmut. Braun unterdrückt seine Gefühle zwar, aber nur um sich eine gesunde Distanz zum Stress zu verschaffen, nicht um sich zu verstellen. Seine Zurückhaltung und Widerstandsfähigkeit sind echt.
Braun ist die zuverlässige Konservative. Die authentische Ernste. Die sanftmütige Schüchterne.
Dann wünsche ich Euch einen schönen August!
Eure TinTro
(Quellen - Collage:
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Recherche - Quellen: Internet & "Das große Buch der Farben" v. Klausbernd Vollmar)