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AutorenbildTinTro

"Orange Blossom Special"

But come ye back when summer's in the meadow, Or when the valley's hushed and white with snow, I'll be here in sunshine or in shadow“


In diesem Beitrag geht es um meine erste malerische Auseinandersetzung mit der Musik von Johnny Cash, die überraschend bunt geworden ist für The Man in Black. Aber der wurde er ja auch offiziell erst Anfang der 70er.

Jedenfalls „Orange Blossom Special“ ist sein sage und schreibe 20. Studioalbum und behandelt seine altbewährten Themen Züge, Tod und Gott.



(Quelle: me.me)


Die Bildkomposition war diesmal eine Herausforderung, da fast alle der 13 Elemente sehr groß sind und natürlich den ihnen gebührenden Platz einforderten.

Doch fangen wir vorne an beim Opener. Nomen est Omen. Orange, das ich wie Violett, welches hier mal wieder gar nicht vorkommt, so selten höre, ist jetzt der Blickfang. Als eine knackig leuchtende Form die nach unten zerläuft, begleitet von einem grauen Wasserfall, sehen wir es in „Orange Blossom Special“.

Bei der Bluegrass-Nummer ersetzte Cash nicht nur die Violinen durch Mundharmonikas, was Fans des Genres tatsächlich sehr verärgerte, sondern lernte extra für diesen Song besagtes Instrument zu spielen, um nicht noch einen zusätzlichen Musiker engagieren zu müssen.

Im Titel zeigt sich die Sekundärfarbe als kleine Fläche, um die sich ein dreckiges Grau-Braun über den Leinwandrand hinauf zieht und dann in Weiß über geht. Nebenbei dient dieser Farbstrom als optische Trennung für „Mama, you´ve been on my mind“ und „Amen“. Zwei schwarze Dreiecke, die ich zwecks Dynamik gegenläufig angeordnet habe.

Trotz des Gesamteindruckes des Bildes ist Schwarz zumindest am Häufigsten zu hören. Das wunderbare „Don´t think twice, it´s alright“ z.B. ist die Wolke links vom Titelsong. Die tragische Ballade „The long black Veil“, die seit ihrer Erstveröffentlichung 1959 übrigens so oft gecovert wurde, dass sie heute als Standard gilt, schlängelt sich als Nebel vom oberen Rand an den anderen Objekten vorbei bis hinunter in die linke Ecke, wo es in einer statischen dunkelgrauen Fläche endet.

Der Wasserfall sorgt für eine diagonale Halbierung der Leinwand. Um dies zu verdeutlichen hielt ich die linke Bildhälfte eher dunkel, die rechte dagegen bunter.



"Orange Blossom Special", 12. August 2017; 40x60cm; Acryl auf Leinwand


Rot taucht nur als Varianten von Pink auf. Weil ich den Ton für „It ain´t me Babe“ ums Verrecken nicht hingekriegt habe, musste ich mitten drin das Malen unterbrechen, um mir erstmal ´ne Tube Primärmagenta zu kaufen.

Denn ich will ja so präzise wie möglich sein. Außerdem ist das mein Lieblingslied auf der Platte und noch dazu eines der hübschesten, das ich je gesehen habe. Um eine große, türkisblaue zylinderartige Figur ranken und verheddern sich pinke Fetzen und Fäden im Takt.

Die Hitsingle ist ein Duett mit der fantastischen June Carter-Cash, in die man sich ja allein schon der wundervollen Stimme wegen verlieben muss.




So viele uninteressante "Promi"-Paare werden in eigenen Doku Soaps abgefilmt, warum eigentlich nie die beiden? Vielleicht hatten sie zu viel Selbstachtung. Wie dem auch sei...

Carter unterstützte ihren Mann auch beim Johnny Horton-Cover von „When it´s Springtime in Alaska (it´s forty below)“. Braun tobt sich auf dem Album in allen möglichen Schattierungen aus. Hier setzt es in einer kurzen, beigen Löffelform an, ergießt sich dann aber in Braunuancen von Zeder bis Sand in jeder freien Ritze. Aus diesem Gemisch entspinnt sich ein Wirrwarr aus Schlaufen und Tupfen in mattem Himbeer.

Genauso erscheint die Nichtfarbe Grau in all ihren Facetten allein schon in „The Wall“. In einem eigenartigen Gebilde, zusammengehalten von einer braunen Rinde, hellt es sich nach und nach auf, was ich mit übereinander gesetzten horizontalen Pinselstrichen dargestellt habe, bis es in einem sanften Gelb versinkt.

Die drei nach Weiß klingenden Teile habe ich an der vom grauen Wasserfall vorgegebenen Bogenlinie, die von „When it´s Springtime in Alaska (it´s forty below)“ weitergeführt wird, angelegt. Der vom Titel ist, wenn auch nicht deckend, reinweiß sowie der Anhang linker Hand des fröhlichen „Amen“.

Apropos, Carter! Mit „Wildwood Flower“ covert Johnny Cash die Carter Family–Version eines alten Folksongs aus dem 19. Jahrhundert. Über zwei vertikale Streifen in stumpfen Weiß und Zitronengelb kriecht eine pink-schwarze Wellenlinie wie ein Wurm durch die Erde.

Gelb bot mir das Album ebenfalls nur in kleinen Portionen. Ich habe sie von oben links nach unten rechts über die Leinwand verteilt. „You wild Colorado“ zeigt einen strahlenden Fleck mit einem blaustichigen grünen Schweif und einem hellbraunen Schleier.

Ansonsten sind es pastellige Töne wie in „The Wall“, wo es auch lediglich über das Grau drüber gemalt ist oder gemischt mit Grün wie in „Danny Boy“. Das Traditional, das in Cashs Bariton am Wehmütigsten klingt, bringt ein sattes Grün als Komplementärkontrast zu den rötlichen Parts und ist umgeben von seinen Ursprüngen Gelb und dem einzigen blauen Teil des Bildes in „It ain´t me Babe“. Es bedeckt die komplette untere rechte Ecke, hält sich aber im Hintergrund. Ein gelber Bogen durchzieht die rasenfarbene Fläche, wird aber dabei gleichzeitig von ihr durchtränkt. Abgeschlossen wird die Farbmasse von einem schmalen Striemen Vitriolgrün, an den sich zwei breitere in zartem Grün und Gelb anlagern.

Die senkrechten Objekte sind im unteren Bildteil aufgereiht. Als Konterpart zu dem nach unten drängenden, eher farbenfrohen „When it´s Springtime in Alaska (it´s forty below)“ habe ich „All of God´s children ain´t free“ gesetzt, das in einem tiefdunklen Braun nach oben hin spitz zuläuft und so einer schmelzenden Kerze ähnelt. Dazwischen sitzt „Wildwood Flower“ in mehr oder weniger rechteckiger Form. Nach rechts schließen sich „It ain´t me Babe“ und der orange Teil vom Titel an.

Zum Ausgleich habe ich die waagerechten Glieder in gegenüberliegenden Ecken platziert. Unten links der grüngelbe Bogen in „Danny Boy“, der in dieser Ecke selbst entspringt und direkt darüber ein pinker Fetzen von „It ain´t me Babe“. Oben rechts sind es „The Wall“ am Rand und „You wild Colorado“. Letzteres setzt noch einen Akzent, indem es Grün wiederholt.

Wie so oft finden sich auch hier ausschließlich weiche und runde Formen. Die meisten sind langgezogen und in fließenden Bewegungen gebogen.

Scharfe Kanten, geschweige denn eindeutig erkennbare geometrische Figuren, gibt es nicht. Die Bildelemente legen sich wellig aneinander oder überlappen sich. Ich finde die Songs korrespondieren musikalisch sehr schön miteinander. Um diese Harmonie darzustellen, habe ich die Farben an den Übergängen vermischt oder durch Verlängerungen verbunden.

Drei Stücke, namentlich „Mama, you´ve been on my mind“, „It ain´t me Babe“ und „Don´t think twice, it´s alright“ wurden von keinem geringerem geschrieben als Bob Dylan. Dieser hatte sie zwar gerade als Demos für sein eigenes Album „Another side of Bob Dylan“ aufgenommen, bot sie dann aber auch Cash an, nachdem er ihn auf dem Newport Folk Festival 1964 kennen gelernt hatte. Dylan schlug zu diesem Zeitpunkt im wahrsten Sinne neue Töne an und wurde dafür von Folk-Anhängern scharf kritisiert. Johnny Cash dagegen hielt das Material für spannend und der Erfolg gab beiden Recht. Die Platte erreichte Platz 3 der Country Charts in den USA.



(Artwork: Howard Fritzson, Randall Martin, David Gahr)


„Orange Blossom Special“ wurde am 22. Februar 1965 auf Columbia Records veröffentlicht und ist heute in remasterten Versionen mit einigen Bonussongs erhältlich. Darunter auch sein Cover von „Engine 143“, das er schon ein Jahr zuvor veröffentlichte. 38 Jahre später nahm er den Song nochmal neu auf. Es sollte seine letzte Studioarbeit sein. Zwei Wochen später starb er am 12. September 2003 an Lungenversagen. Nur vier Monate nach seiner June.


Falls Ihr es noch nicht getan habt, schaut unbedingt das Biopic "Walk the Line" mit dem unbeschreiblich grandiosen Joaquin Phoenix als Johnny Cash! Absolutes Muss!

So, aber das war´s von meiner Seite dann auch. Ich bin heute mit meinem Johnny unterwegs.

Habt einen schönen Sonntag, Ihr Lieben!


Eure TinTro




Zitat aus "Danny Boy"




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